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Der Spagat zwischen Gott und der Welt


Ein Problem für so manchen ist die Diskrepanz, die sich aus dem Wunsch ergibt, einerseits für Gott da zu sein (mehr da zu sein als bisher), andererseits aber „in der Welt‟ leben zu müssen, in einem Alltagstrott, der volle Achtsamkeit und einen großen Teil unserer Zeit fordert. „Ja, wenn ich mehr Zeit hätte, dann ...‟ heißt es oft.

Doch es gibt auch die andere Seite: „Vor lauter Beten, Meditieren und Für-Gott-da-sein gelingt es mir kaum, meinen weltlichen Verpflichtungen nachzukommen.‟ Was verbirgt sich – bei einer ehrlichen Betrachtung – dahinter?

Das Problem ist nicht neu, auch die vorgeschlagenen Lösungen sind es nicht. Diese laufen immer darauf hinaus, die Arbeit zum Gebet zu machen, was ja nichts anderes bedeutet, als sie im rechten Geiste zu tun. Mit dem Bewußtsein Seiner Liebe zu uns und unserer Liebe zu Ihm, die sich ausdrücken kann in den Empfindungen: „Was ich heute tue, tue ich für Dich, auch wenn ich dabei nicht jeden Augenblick an Dich denken kann, weil meine Arbeit meine Konzentration erfordert‟, wird mit ein wenig Übung tatsächlich die Arbeit zum Gebet.

Diese innere Haltung hat Theresa von Avila in einem Gebet, das einem Stoßseufzer aus tiefstem Herzen gleicht, zum Ausdruck und gleichzeitig auf den Punkt gebracht.

 

 

 

 

Herr der Töpfe und Pfannen

 

Herr der Töpfe und Pfannen,
ich habe keine Zeit, eine Heilige zu sein
und Dir zum Wohlgefallen
in der Nacht zu wachen,
auch kann ich nicht meditieren
in der Morgendämmerung
und im stürmischen Horizont.

Mache mich zu einer Heiligen,
indem ich Mahlzeiten zubereite
und Teller wasche.
Nimm an meine rauhen Hände,
weil sie für Dich rauh geworden sind.
Kannst Du meinen Spüllappen
als einen Geigenbogen gelten lassen,
der himmlische Harmonie
hervorbringt auf einer Pfanne?
Sie ist so schwer zu reinigen
und ach, so abscheulich!

Hörst Du, lieber Herr,
die Musik, die ich meine?
Die Stunde des Gebetes ist vorbei,
bis ich mein Geschirr
vom Abendessen gespült habe,
und dann bin ich sehr müde.
Wenn mein Herz noch am Morgen
bei der Arbeit gesungen hat,
ist es am Abend schon längst
vor mir zu Bett gegangen.
Schenke mir, Herr,
Dein unermüdliches Herz,
daß es in mir arbeite statt des meinen.

Mein Morgengebet
habe ich in die Nacht gesprochen
zur Ehre Deines Namens.
Ich habe es im voraus gebetet
für die Arbeit des morgigen Tages,
die genau dieselbe sein wird wie heute.
Herr der Töpfe und Pfannen,
bitte darf ich Dir
anstatt gewonnener Seelen
die Ermüdung anbieten,
die mich ankommt
beim Anblick von Kaffeesatz
und angebrannten Gemüsetöpfen?

Erinnere mich an alles,
was ich leicht vergesse;
nicht nur um Treppen zu sparen,
sondern, daß mein
vollendet gedeckter Tisch
ein Gebet werde.
Obgleich ich Martha-Hände habe,
hab’ ich doch ein Maria-Gemüt,
und wenn ich die schwarzen Schuhe putze,
versuche ich, Herr,
Deine Sandalen zu finden.
Ich denke daran,
wie sie auf Erden gewandelt sind,
wenn ich den Boden schrubbe.

Herr, nimm meine Betrachtung an,
weil ich keine Zeit habe für mehr.
Herr, mache Dein Aschenbrödel
zu einer himmlischen Prinzessin;
erwärme die ganze Küche mit Deiner Liebe
und erleuchte sie mit Deinem Frieden.
Vergib mir, daß ich mich absorge,
und hilf mir, daß mein Murren aufhört.