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Aus „Die Spielregeln oder Das Ende der Vernebelung“ bringen wir hier einen Auszug. Es geht in dem Buch um die Frage, die wie ein unendliches Echo seit Menschengedenken widerhallt:

Warum ist so viel Leid in der Welt?

Wenn es eine höhere Macht gibt: Warum greift sie nicht ein?

Eine Antwort darauf, die Herz und Verstand gleichermaßen zufrieden­stellt, sind Ihnen all diejenigen schuldig geblieben, die sie hätten geben können und müssen. Hilflosigkeit, Frust, Oberflächenglaube und Un­glaube, Desinteresse, Ablehnung und Protest sind die Folgen.

Eines ist sicher: Zu keiner Zeit und an keinem Ort des unendlichen Uni­versums geschieht etwas, das man dem sogenannten Zufall zuordnen kann. Alle Geschehnisse unterliegen völlig logischen Abläufen. Überall wirken Prinzipien, wie sie gerechter und fehlerfreier nicht sein können Das gilt in gleichem Maße auch für jedes persönliche Schicksal.

Deshalb: Haben Sie sich jemals Gedanken darüber gemacht,

warum Ihr Leben so funktioniert, wie es funktioniert? Und was man, sollte die Notwendigkeit dazu bestehen, daran verbessern kann?

Auch wenn Sie manchmal vieles nicht verstehen und einordnen können: Ihr Leben einschließlich seiner Umstände ist genau das Richtige für Sie! Etwas Besseres hätte Ihnen nicht passieren können. Wenn Sie das (noch) nicht so sehen können und viele Fragen haben, dann hat man Ihnen die Spielregeln nicht erklärt oder sie ihnen entstellt und vernebelt dargestellt.

Doch es gibt keinen Grund zu verzagen, denn die Lösungen sind längst da. Sie beantworten auf eine genial-einfache Art und Weise die Fragen:

  • Was ist zu tun? Was kann ich dazu beitragen?

  • Welche Mittel sind erforderlich? Wer hilft dabei?

Gleichzeitig erklären sie, daß

  • die Hilfe selbstlos, bedingungslos und kostenlos ist,

  • keine Beiträge oder Mitgliedschaften erforderlich sind,

  • alles absolut frei von Risiken und Nebenwirkungen ist!

 

 

*

 

 

16. Das wichtigste Rädchen wird eingesetzt

 

Wer überzeugt werden konnte, an etwas zu glauben, ohne zu überlegen, kann kaum

durch Vernunft von diesem Glauben abgebracht werden. Verwurzelter Glaube ist

weitgehend unzugänglich für Logik.

Hans Ruesch in „Die Pharma-Story“

 

 

Das Gesetz von Ursache und Wirkung und andere Gesetze sind erst durch den Fall entstanden bzw. ins Leben getreten. Im Himmel gab und gibt es sie nicht, weil dort nicht gegen das Gesetz der Liebe ver­stoßen wird, und somit keine Ursachen gesetzt werden. Das ist so ähnlich wie mit den Vorschriften in einem Gefängnis. Sie gelten auch nur dort und auch nur deshalb, weil es überhaupt notwendig wurde, ein Gefängnis zu bauen. Wenn alle wieder in Frieden mitein­ander leben, und keine Gefängnisse mehr gebraucht werden, sind auch keine Gefängnis-Vorschriften mehr erforderlich.

Außerhalb des Himmels aber bestehen solche und ähnliche „Vor­schriften“. Das Kausalgesetz gehört dazu. Kausal heißt „ursächlich“, und als Kausalität bezeichnet man die Beziehung zwischen Ursachen und Wirkungen. Das hat mit Religion nichts zu tun, sondern ist eine jahrtausendealte, philosophische Erkenntnis. Eine Kausalkette ergibt sich, wenn jede Wirkung selbst wieder Ursache eines neuen Ereig­nisses ist. Immanuel Kant hat das Kausalgesetz so erläutert: „Wenn wir erfahren, daß etwas geschieht, so setzen wir dabei jederzeit vor­aus, daß irgend etwas vorausgehe, worauf es nach einer Regel folgt.“i

Damit es nicht bei der Theorie bleibt, malen wir uns in unserer Vorstellung wieder einmal ein Bild: Sie machen an einem Herbst­abend noch einen kleinen Spaziergang. Es dunkelt schon, hinter eini­gen Fenstern brennt Licht. Sie kommen an einem Haus vorbei, und ein kurzer Blick in das Fenster im Erdgeschoß zeigt Ihnen eine junge Frau, anscheinend eine Mutter, die ein kleines Kind liebevoll in ihren Armen hält. Plötzlich dreht sie sich herum und ein anderes, et­was älteres Kind bekommt von ihr einen Klaps hinter die Ohren. Schon sind Sie, da Sie nicht neugierig sind und stehenbleiben wol­len, an dem Fenster vorbei. Wären Sie noch einen Moment geblie­ben, hätten Sie vielleicht mehr wahrgenommen und auch eine Erklä­rung gefunden. So lassen Sie das Haus und die Familie auf Ihrem Spaziergang hinter sich. Dennoch geht Ihnen die Situation an diesem Abend noch ein paarmal durch den Kopf.

Was war geschehen? Auf der einen Seite Liebe, auf der anderen Seite Hiebe! Sind Sie Zeuge einer Ungerechtigkeit geworden? Wie kann eine Mutter ihre beiden Kinder so unterschiedlich behandeln?

Keiner käme auf den Gedanken, der Mutter eine ungleiche Ver­teilung ihrer Zuneigung zu ihren Kindern zu unterstellen. Schließlich war die Zeitspanne von ein paar Sekunden viel zu kurz, um sich eine zutreffende Meinung über das Geschehen in diesem Zimmer bilden zu können. Vermutlich – und mit Recht – würden wir annehmen, daß es einen Grund für den Klaps gegeben hat, daß dem etwas vorausge­gangen sein muß. Auf die Idee, der Mutter mangelnde Liebe für das ältere Kind zu unterstellen, kämen wir kaum oder nicht.

Wir könnten „unsere Mutter“ – jede fiktive und jede leibliche – mit einer Liebe ausstatten, wie sie größer nie vorhanden war und nie sein wird: Trotzdem wird sie nicht im Entferntesten an die Liebe Gottes heranreichen. Wenn wir dem zustimmen, dann können wir nicht gleichzeitig annehmen, daß Gott ungerechter als die Mutter ist, und es auf mangelnde Liebe Seinerseits zurückführen, wenn es einem Teil Seiner Kinder gut geht und dem anderen Teil nicht.

 


Der Zeitfaktor

Einmal abgesehen von der Frage nach der Gerechtigkeit der Mutter würden wir selbstverständlich so vernünftig sein anzuerkennen (weil wir in der Logik blieben), daß man aus der kurzen Zeit, die einem als Betrachter blieb, keine aussagekräftigen Schlüsse ziehen kann, weil die Zeit natürlich einen maßgeblichen Anteil bei der richtigen Beur­teilung dieser – einer jeden – Situation hat.

Und nun versuchen wir, daraus etwas für uns und unser Leben zu entnehmen, indem wir unser jetziges Dasein und das, was uns darin widerfährt, mit den paar Sekunden unserer Beobachtung gleichset­zen. Wenn wir dabei der Meinung sind, „davor war nichts, und da­nach kommt nichts“, dann begehen wir einen folgenschweren Fehler und landen gemeinsam mit Millionen von Menschen mitten in der Ideologie von der Ungerechtigkeit Gottes. Auf unseren Spaziergang bezogen würde eine solche Überzeugung zweierlei bedeuten. Er­stens: Die Mutter bestrafte ihr Kind ohne Grund, da ja nichts voraus­ging. Zweitens: Eine Versöhnung zwischen Mutter und Kind wird nicht stattfinden; der Film ist beschlossenermaßen und unabänder­lich zu Ende. Auf unser Leben bezogen drückt es das gleiche aus: Strafen ohne Grund, Versöhnung ausgeschlossen.

Haben wir uns unseren gesunden Menschenverstand am Beispiel „Mutter und Kind“ bewahrt, so spricht nichts dagegen, ihn auch dann zu gebrauchen, wenn es um unser Leben geht.

Da in der christlichen Theologie schon wenige Jahrhunderte nach Jesus von Nazareth nicht mehr anerkannt wurde, daß es ein Davor und Danach gibt, mußte als Alternative neben dem Zufall das Mo­dell „daß Gott alles in Seinem unergründlichen Ratschluß so vorge­sehen und festgelegt hat“ als Erklärungsversuch herhalten. Beide ste­hen aber auf so wackligen Füßen, daß sie als Lösung nicht ernsthaft in Betracht gezogen werden können. Wir haben sie schon beleuchtet:

  • Der Zufall entfällt, weil er der Willkür Tür und Tor öff­net und vorgibt, in der Schöpfung geschähe etwas, das sich der Übersicht und dem Willen Gottes entzieht.

  • Die Vorherbestimmung (in etwas abgeschwächter Form als Vorhersehung) hat sich als eine mindestens ebenso schlechte Antwort erwiesen, weil sie die einen zur ewi­gen Seligkeit und die anderen zur ewigen Verdammnis bestimmt. (Sieht man darin jedoch die „Vorsorge durch Gottes vernünftigen Willen“, ist man der Lösung ganz nahe.)

Was bleibt? Wir sprachen zu Anfang von einer weiteren Alternative. Kann man selbst dahinterkommen? Versuchen wir es.

 

 

Göttliche Erziehungsmethoden

Sie haben wirklich keine Lust mehr, Ihrem Sohn immer wieder zu sagen, er solle aufstehen, da er sonst zu spät zur Schule kommt. End­lich haben Sie sich dazu durchgerungen, es bei einem einmaligen Wecken zu belassen mit der Folge, daß Ihr Sohn den Bus verpaßt und nun zum ersten Mal tatsächlich zu spät kommt. Zufall oder Vor­herbestimmung? Weder noch.

Ihre Tochter meinte, trotz wiederholter Aufklärung ihr ganzes Ta­schengeld für Gummibärchen ausgeben und diese auf einmal essen zu müssen. Bauchschmerzen waren unausbleiblich und vorauszuse­hen. Weder Zufall noch Vorherbestimmung.

Ob es sich nun um Handykosten, ums Rauchen oder Benehmen handelt, ob es um Ihre Kinder oder um Sie selbst in Ihrem Verhältnis zu Ihrem Vorgesetzten oder zu Ihren Freunden geht – immer werden Sie feststellen (vorausgesetzt, daß Sie das interessiert, und Sie sich hinterfragen), daß man weder den Zufall noch die Vorherbestim­mung als vernünftige Erklärung heranziehen kann.

Auf die dritte, die einzig richtige Deutung kommt man nicht im­mer sofort: Die Folgen werden zugelassen, entweder durch Sie als denjenigen, der erzieht oder durch jemanden, der Sie erzieht oder es versucht.

Zulassung heißt also die Lösung. Gott ist der, der Seine Kinder „erzieht“. Und Er läßt zu, daß sie mit den Folgen ihres Tuns kon­frontiert werden. So können sie selbst entscheiden, ob sie ihr ur­sprüngliches Verhalten beibehalten oder ändern wollen. Eine un­barmherzige Erziehungsmethode? Mit Sicherheit nicht, denn sie ist die einzige, die unter Beibehaltung der Willensfreiheit die Möglich­keit bietet, aufgrund unerwünschter Folgen eine positive Wandlung vorzunehmen.

Man kann, was auch regelmäßig geschieht, einwenden, daß das mit Saat und Ernte ja alles seine Richtigkeit haben mag, trotzdem: Warum läßt Gott das zu? Hat Er nicht die Allmacht, einzugreifen und eine besonders schmerzhafte Ernte zu verhindern? Eine Wir­kung, die sich als katastrophal abzeichnet, zu unterbinden? Er tut es ja – sogar im Übermaß. Ohne Seine Hilfe wären wir gar nicht in der Lage, uns aus dem Netz unserer Verstrickungen zu befreien. Damit wir das richtig verstehen, lassen Sie uns zuerst die Sache mit dem freien Willen klären, an der sich die Geister innerhalb der vielen Religionen scheiden.

     Wir haben zu Anfang festgestellt, daß die Liebe unter allen Um­ständen unseren freien Willen anerkennt, daß sie also darauf wartet, daß wir uns ihr aus freien Stücken zuwenden. Das bringt für das Ge­schöpf eine unbeschreibliche Freiheit mit sich, aber auch die Ver­pflichtung, sich innerhalb des Liebe-Gesetzes, das diese Freiheit ga­rantiert, richtig zu verhalten. Wie es möglich ist, unter diesen Um­ständen und ohne Androhung oder Anwendung von Strafe und Ge­walt jemanden zu einem liebe- und rücksichtsvollen Verhalten zu bewegen, läßt sich problemlos anhand folgender Annahme ver­stehen; wobei es um den Sinn geht und nicht um eine wörtlich zu nehmende Analogie.

     Sie haben sich als Eltern vorgenommen, ihren Kindern – dem Alter entsprechend – den freien Willen zu lassen, weil Sie jede Strafe als Erziehungsmaßnahme ablehnen. (Eine Grenze setzen Sie lediglich da, wo es um die Zerstörung Ihres Eigentums geht.) Das ist einerseits ein löblicher Entschluß, andererseits müssen sie sicher­stellen, daß sich Ihre Kinder im Laufe der Jahre durch eigene Ent­scheidungen zu Menschen mit einer sozialen Einstellung entwickeln, die ihren Nächsten achten, ihm helfen und ihn lieben. Unmöglich? Aus menschlicher Sicht betrachtet schon, aus geistiger nicht. Denn Sie müßten genau das tun, was Gott mit uns, Seinen Kindern, macht: Um zu erkennen, was gut und richtig ist, was dem anderen weh ge­tan oder was ihn verletzt hat, muß das Kind – ohne daß Sie ein­greifen müssen – genau das erleben und erleiden, was es gegen besseres Wissen falsch gemacht und anderen zugefügt hat. Es muß mit den Folgen seines Tuns und Lassens konfrontiert werden. Nicht als Rache, sondern der Einsicht dienend, einem anderen Wesen ge­schadet zu haben. (Daß Sie ihm mit all Ihren Möglichkeiten helfen werden, wenn es mit der Erkenntnis seines Fehlverhaltens zu Ihnen kommt, ist keine Frage.)

     Auf diese Weise ist sichergestellt, daß der freie Wille unange­tastet bleibt und gleichzeitig – meistens langsam, doch sicher irgend­wann – eine Veränderung der Verhaltensweisen eingeleitet wird. „Was du nicht willst, das man dir tu, das füg auch keinem andern zu.“ Man kann die Volksweisheit ergänzen: „Wenn du verspürst, das tut nicht gut, dann bist du künftig auf der Hut.“

     „Ihr überblickt als Menschen nur den Zeitabschnitt der Vergan­genheit dieses jetzigen Lebens“, heißt es in einer Christusoffenba­rung. „Das macht es euch so schwer zu verstehen, warum ihr als Kind manchmal so viel Leid ertragen mußtet. Doch seht, da es nichts gibt, was im irdischen Bereich nicht dem Gesetz von Ursache und Wirkung unterliegt, ist alles, was geschah – und noch geschieht – gut für euch und eure Reife hin zur Liebe, zum Verstehen, zum Verzei­hen!“ii

 

 

Keine Registraturprobleme

So einfach ist das Gesetz von Ursache und Wirkung zu verstehen. Es kann also, wenn wir es ablehnen, nicht darum gehen, daß es kom­pliziert oder unlogisch ist, sondern immer nur darum, daß wir aus den unterschiedlichsten Gründen nicht daran glauben wollen. Was jedem freisteht zu tun. Das, was das Leben uns vorsetzt (wenn es sein muß immer und immer wieder), was es gilt, aus der Welt zu schaffen und in Zukunft zu unterlassen, wird durch das Karmagesetz bestimmt. Dabei ist es nur ausführendes Organ, denn es legt nicht fest, was uns treffen soll, sondern es legt uns nur vor, was zu uns ge­hört, individuell, jedem persönlich.

     Das bringt uns zu der Frage, wo denn das alles so haarklein no­tiert, festgehalten und richtig zugeordnet wird, damit auch nichts der falschen Person, vielleicht auch noch zum falschen Zeitpunkt, vorge­legt wird, und wer dies veranlaßt. Gott ist es sicher nicht, der hier Buch führt. Das haben wir als Kinder geglaubt: ein goldenes Buch für die guten Taten, ein schwarzes für die bösen. Nun sind wir er­wachsen.

     Eigentlich ist es wieder ganz einfach. Ein kleiner Dialog liefert die Lösung:

     „Die Notwendigkeit einer Beobachtung und Erfassung und Kor­rektur muß bestehen, nein, sie besteht, das ist Tatsache. Sonst wäre die Schöpfung schon längst im Chaos untergegangen, weil alle an­stellen könnten, was sie wollten ...“

     „Selbstkontrolle ist das Stichwort“, sagte Peter. „Anders kann es gar nicht sein. Da es eine Instanz gibt, und wir sie nicht in Form einer ‚unerklärbaren, himmlischen Behörde‘ außerhalb von dir an­nehmen, kann sie nur in dir sein.“

„Die eigene Seele als Kontrollinstanz! Das ist so genial, da fehlen mir fast die Worte“, sagte ich. Deshalb sammelte ich einfach ein paar Gedankenfetzen. „Etwas, das du immer bei dir hast, zu dem kein anderer Zutritt hat, in das auch niemand etwas hineinschreiben kann außer du selbst, das in keinster Weise von irgend jemandem verändert werden kann ...“ - außer wir lassen es zu, im Positiven wie im Negativen.iii

Eine weitere Aufklärung dazu hat das LICHT in Bin Ich es, den du liebst? gegeben:

Die Tatsache, daß die Seele unter anderem auch Kontroll­instrument ist, ist unter den Christen nicht bekannt, weil die Kirchen dies nicht lehren. Schon am Begriff der „See­le“ scheiden sich die Geister eurer Theologen. Die Un­kenntnis der überwachenden Instanz im Menschen selbst ist die Ursache für das Fehlen einer allgemein verständ­lichen und akzeptablen Darlegung der Sündhaftigkeit und des Umgangs damit. Wenn man sich nicht vorstellen kann, wie es möglich sein soll, daß ‚der liebe Gott im Himmel sich die Sünden der unzähligen Menschen merkt‘, dann ist es nicht mehr weit bis zum Schritt, eine solche Möglich­keit kategorisch abzulehnen. Deshalb glauben so viele Menschen auch, sündigen zu können, weil es doch keinen gibt, der ihre zumeist im Verborgenen begangenen kleinen und großen Taten bemerkt. Daß sie selbst es sind, die sich zur Rechenschaft ziehen werden und es oft genug auch zu Lebzeiten schon tun, weiß so gut wie keiner.iv

Wenn jeder seinen eigenen Rucksack trägt, den er zudem selbst ge­füllt hat, kann von einer Ungerechtigkeit keine Rede mehr sein. Doch damit sind noch längst nicht alle Fragen beantwortet. Die Ant­worten, die wir vielleicht schon ahnen, rufen – auch ohne daß sie ausgesprochen sind – Zweifel, Widerspruch und Auflehnung in uns hervor. Zu neu ist dieses Denken, zu sehr bremst die Trägheit des Altgewohnten unsere Akzeptanz, zu weittragend erscheinen uns wo­möglich auch die Konsequenzen. Zu Ende gedacht bedeutet das ja, daß ich selbst ohne Ausnahme für das verantwortlich bin, was mir widerfährt. Kein Zufall mehr, keine Vorherbestimmung, kein Ge­heimnis, auf das man sich zurückziehen kann. Dafür ein unbestechli­ches Spiegelbild meiner Seele, meines Inneren. Verständlich, wenn sich da ein leichtes, aber völlig unbegründetes Erschrecken ergibt und die Versuchung im Hintergrund lauert, dann doch lieber wieder Zuflucht zu nehmen zu kirchenchristlichen, jüdischen oder isla­mischen Erklärungen. Auch wenn sie voller Schulterzucken und Un­gereimtheiten sind, so lassen sie mir aber die Illusion, irgend jemand oder irgend etwas sei an meinem Schicksal schuld. Nur nicht ich.

Vorsicht ist geboten, wenn sich solche Gedanken einschleichen. Allzu leicht setzen sie sich fest und blockieren eine weitere seelische Entwicklung. Wir wundern uns dann darüber, was uns passiert, fin­den keine Erklärung, und als einzigen Ausweg sehen wir die Mög­lichkeit, Gleiches mit Gleichem zu vergelten. Als Privatperson neh­men wir das Schwert „nur“ in Gedanken und Worten in die Hand, als Volk mit einer allzeit bereiten Militärmaschinerie belassen wir es dabei nicht. Walter Russel, amerikanischer Philosoph und Univer­salgenie, schrieb anläßlich seines 80. Geburtstages am 19. 5. 1951 in einer Feierstunde zum „Tag der Streitkräfte“ seinem Land etwas ins Tagebuch, das auch für viele andere Länder dieser Erde gilt:

„Wir haben durch das Schwert gelebt und scheinen nun sehr er­staunt, daß wir vom Tode durch das Schwert bedroht sind. Wir machten uns alle Menschen zu Feinden und wundern uns nun, war­um wir denn Feinde haben. Wir verletzten Gottes Gesetz, indem wir raubten und mordeten, um für uns selbst Glück und Wohlstand zu erlangen – dabei jedoch anderen ihr Glück und ihren Wohlstand nahmen.

Alle Imperien wurden auf diese Weise errichtet – alle in absolu­ter Verletzung des göttlichen Gesetzes der Liebe ... Gottes Gesetz funktioniert immer. Was immer Sie säen, ernten Sie hundertfältig. Wer Wind sät, wird Sturm ernten ...“v

Es sei denn, füge ich als nicht ernstzunehmenden Nachsatz hinzu, Gottes Gesetz würde ab und zu doch nicht so präzise funktionieren, wie wir das herausgearbeitet haben. An ein wenig Fehlerhaftigkeit dieses göttlichen Gesetzes muß man nämlich schon glauben, wenn man (wie im Irak-Krieg 2003 geschehen) als deutscher Politiker fest­stellt, daß zwar die kirchlich Gebundenen nach wie vor ein Stamm­reservoir der Union darstellen, jedoch: „Er als Politiker müsse auch andere Kriterien zur Grundlage seiner Entscheidung machen als die reine kirchliche Lehre. Wichtig sei auch das Verhältnis zu den USA.“vi


 

Schließen und rückschließen

Vielleicht hat die Ignoranz des Karmagesetzes ihren Grund ja auch in der großen Zeitdifferenz, die oftmals zwischen Saat und Ernte liegt. Die Langsamkeit, mit der Gottes Mühlen mahlen, sagt eben nur etwas über ihre Stetigkeit und Beharrlichkeit aus, nichts über ihr wahres Tempo, das sich aus geistiger Sicht völlig anders darstellt als aus menschlicher. Das kann schon einmal zu einer solchen Ansicht verführen.

Auch die Tatsache, daß die Wirkung von ihrer Art her nicht immer exakt der gesetzten Ursache entsprechen muß und ihr auch oft nicht entspricht (wohl aber in ihrem Potential, ihrem „energetischen Inhalt“), darf nicht außer acht gelassen werden, wenn man das Ge­setz verstehen will. Wer hat schon einen Wirbelsturm oder ein Erd­beben direkt und selbst verursacht, weil ihn eine entsprechende Ka­tastrophe trifft? So einfach darf man es sich nicht machen, wenn man auf die Suche nach den Ursachen gehen will. Ansonsten käme man in vielerlei Hinsicht zu der tiefen Überzeugung: Das Gesetz kann nicht stimmen (womit wieder die Existenz Gottes infrage ge­stellt ist), weil ein persönliches Verschulden meinerseits nicht zu er­kennen ist. Aber es gibt auch ein Fehlverhalten von Gruppen und Völkern, in die der einzelne eingebunden ist. Auch dazu hat er vor seiner Inkarnation ja gesagt, und damit möglicherweise auch zu seinem Anteil an der Abtragung, der ihn betrifft und ihm auferlegt wird.

Das Gesetz von Ursache und Wirkung hat zu viele Facetten, als daß wir sie uns alle anschauen können. Sie werden uns mit zuneh­mender seelischer Reife mehr und mehr bewußt. Wenn wir unser zu Anfang erbautes Fundament – daß Gott die Liebe ist – nicht ver­lassen, reiht sich das Karmagesetz wie alle anderen Mosaiksteinchen paßgenau ein, auch dann, wenn im Moment noch Detailfragen offen­bleiben. Man wird sogar in die Lage versetzt, viele Dinge mit ande­ren Augen sehen zu können. Handlungen, über deren Folgen man sich früher keine Gedanken gemacht hat, bekommen plötzlich Ge­wicht. Die Kenntnis und Anwendung der Spielregeln macht eine rea­listische Einschätzung möglich. Über eine prophetische Gabe muß man also nicht verfügen, um voraussehen und -sagen zu können, daß Folgen eintreten werden – ohne Erkenntnis, Reue und Wiedergut­machung eintreten   m ü s s e n  –, wenn etwas getan oder unterlassen wird, was dem Liebegebot entgegensteht.

Es ist wie bei einer ungesunden Lebensweise: Wer sich per­manent falsch ernährt, zu viel, zu fettig und zu süß ißt, mehr als in Maßen Alkohol trinkt und sich zudem wenig bewegt, der kann vor­ausblickend sagen, daß er in einigen Wochen etliche Kilo zugenom­men haben wird. Genauso wird man rückwärtsblickend vielfach auf Ursachen schließen und sie auch oft finden können, wenn man ge­lernt hat, ehrlich zu sein und etwas tiefer zu blicken. Vorzugsweise natürlich bei sich selbst. Auch Erkenntnisse über andere und deren Handlungsmotive bleiben natürlich nicht aus. Doch sollten wir uns niemals dadurch verleiten lassen, zu verurteilen oder zu richten. „Du bist ein Dieb, aber ich liebe dich.“ So empfinden, denken und han­deln zu können, das wäre ein erstrebenswertes Ziel.

Mit dem Wissen, das wir uns bisher erarbeitet haben, ist die Illu­sion einer Schuldzuweisung anderen gegenüber nicht mehr auf­rechtzuerhalten. Andererseits jedoch geht es auch nicht darum, sich schuldig und schlecht zu fühlen und sich anzuklagen, nur weil man sich vielleicht zum ersten Mal eingestehen muß, daß die persönliche Situation etwas mit einem selbst und dem eigenen Verhalten in der Vergangenheit zu tun hat. Davon geht weder die Welt unter, noch sind wir damit allein: Milliarden von Menschen leisten uns dabei Gesellschaft, denn von diesem Prinzip ist keiner ausgenommen.

Aber etwas anderes geschieht vermutlich: Die in vielen Augen bisher notwendige Vermittlerrolle all der religiösen Gemeinschaften, die sich als unabdingbares, heilsnotwendiges Bindeglied zwischen Gott und dem Menschen ansehen, bekommt einen Knacks. Denn zum einen besteht die Verbindung zwischen Gott und jedem Seiner Geschöpfe ohnehin seit jeher, so daß sie nicht erst vermittelt werden muß; und zum anderen ist für die Innigkeit dieser Beziehung nichts weiter erforderlich als das schon oft erwähnte liebe – und sonst nichts.

Und hinzu kommt noch, daß es ein Leben davor gab, und es ein Leben danach geben wird, und daß darüber hinaus die Möglichkeit besteht, durch die Hinwendung zu Gott im eigenen Inneren, durch Entscheidungen und Verhaltensänderungen eine Minderung oder Aufhebung der Seelenschuld zu erlangen. Das macht es allen Religi­onen und Kirchen, die zu Institutionen geworden und damit oftmals von Mitgliederzahlen abhängig sind, natürlich schwer, ihren Stand­punkt aufzugeben. Sie wären damit in der Rolle einer Lebensschule, die über die Fortschritte ihrer Schüler glücklich sein und diese nun freudigen Herzens einer weiterführenden Einrichtung dieser Art überlassen müßte. Das ist nicht jedermanns Sache. Denn was wird aus einer Glaubensorganisation ohne Mitglieder?

Wollte man schließlich auch noch das Gesetz von Saat und Ernte in seiner wahren Bedeutung lehren, dann müßte man sich zur Rein­karnation bekennen (da liegt wohl die größte Hürde); denn sie ist untrennbar mit dem Karmagesetz verbunden. Ohne sie ist dieses Ge­setz nicht erklärbar.

Fassen wir zusammen:

  • Jedes Geschehen hat ein Davor und ein Danach.

  • Die richtige Alternative heißt Zulassung.

  • Die Seele registriert alles.

  • Man kann von einer Ursache auf deren Wirkung schlie­ßen und umgekehrt.

(aus „Die Spielregeln oder Das Ende der Vernebelung“, Hans-Dienstknecht, Bürger-Verlag)

i www.textlog.de/7553.html Rudolf Eisler „Wörterbuch der philosophischen Begriffe“

ii Jesus Christus lehrt ..., a. a. O., S. 316

iii Dienstknecht, Hans, Bin Ich es ..., S. 162

iv ebd., S. 163 f.

v Matrix 3000, Ausgabe April 2003

vi Heilbronner Stimme, 5. 2. 2003