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Ephides ist und bleibt, wie man es auch betrachtet, einer der Größten! Aus dem Ephides-Band, den der Adyar-Verlag Graz 1978 herausgebracht hat, und den es leider nicht mehr gibt, haben wir drei weitgehend unbekannte Ephides-Gedichte herausgesucht, die wir nachstehend veröffentlichen. Dabei wird u. a. die immer wieder auftauchende Frage behandelt, ob man nach den gemachten Erfahrungen des jetzigen Erdenlebens – wenn man also wieder „oben“ ist – irgendwann einmal wieder den Wunsch verspürt, erneut zu inkarnieren. Und eines wird ebenfalls klar: Der Weg ist nicht das Ziel!

 

 

 

 

 

 

Das Ziel ist alles, und der Weg ist nichts

 

 

Das Ziel ist alles, und der Weg ist nichts!

Hast du den rechten Weg, und dir gebricht‘s

an rechter Sehnsucht nach dem rechten Ziel,

so bist du ferner ihm als der, der fiel

und sich erhob und in die Irre ging

und sich besann, und stieg und steigend hing

an steiler Felswand, ringend mit dem Stein,

den Abgrund unter sich, und über sich allein

der Gipfel Schweigen und des Himmels Glanz,

und seine Seele hingegeben ganz

der Zielgewißheit und dem heil‘gen Ruf –

er siegt, weil er sich selbst die Wege schuf

im Unwegsamen, treu dem Ruf des Lichts!

Das Ziel ist alles, und der Weg ist nichts!

 


 


Hinab, hinab die endlos vielen Stufen

 

 

Hinab, hinab die endlos vielen Stufen,

hinab und nach den leisen Hilferufen,

die aus der Tiefe kommen, halb erstickt,

verschluckt vom Dunkel. Und mein Aug‘ erblickt

der Höhe letzten mondenmilden Schein

als weißes Band. Doch mich erdrückt der Stein!

 

Hab‘ ich darum die Höhe mir errungen,

darum die Tiefe in mir selbst bezwungen,

daß ich nun fremde Tiefen schaudernd muß durchwandern,

kaum selbst befreit, entkerkern muß die andern?

 

Muß ich hinab? – Du mußt es nicht, du darfst!

Es ist ein heilig Amt, das du verwarfst.

Auch du warst einst verschüttet gleich wie diese,

ja, auch für dich verließ die Himmelswiese

ein lichter Helfer. Wärst du heut‘ befreit,

hätt‘ ihn wie dich gedünkt der Weg zu weit?

 

Die Stimme schweigt. Kam sie herab vom Licht?

Ihr Widerhall, der sich im Felsen bricht,

erstirbt. Zuletzt vergeht mein Trotz in Scham:

Vollenden will ich, was ich übernahm.

 

Hinab, hinab die endlos vielen Stufen,

hinab und nach den leisen Hilferufen.

 

 


 

Eh‘ du die Wahrheit kündest

 

 

Eh‘ du die Wahrheit kündest, werde dir bewußt:

Du bist fortan allein,

und deine Brust

muß Heimat dir und Zufluchtstätte sein!

 

Du bist ein kreuzend Schiff, das nirgends landen darf,

der Ladung willen, die es führt an Bord.

Schon mancher, der ins Meer die Ladung warf,

um endlich anzulaufen sichern Port.

 

Wirst du bestehn? Wirst du, ein Wandersmann, vorübergehn

an Türen, die dir gastlich offen stehn

zu froher Menschen Runde und Verein,

bringst du die Wahrheit nur nicht mit herein!?

 

Denn Türen schließen sich und Herzen auch,

fühlt man an dir der Wahrheit herben Hauch.

Sie stört Behaglichkeit und Illusion

und wird gelohnt mit Haß nur oder Hohn.

 

Bist du so stark, daß deiner Stimme Laut

die Mauern stürzen macht,

die Haß und Hohn dir baut?

Erträgst du‘s, wenn man lacht?

 

Dann nimm der Wahrheit köstlich schwere Last

und hüll dich in den Mantel Einsamkeit –

und geh von Tür zu Tür als ungebetner Gast,

als Heimatloser durch der Erde Zeit,

 

und laß sie lachen. –

Doch willst du‘s besser machen,

dann üb und gib ein lächelndes Verstehn

als milde Gabe im Vorübergehn,

 

und lehr sie so, ihr Lachen umzuwandeln.

Doch laß dein Handeln

von Lob wie Lachen unbeeinflußt sein!

Des Tuns Verantwortung trägst du allein.

 

Davon nimmt Lob nichts ab

und Lachen gibt nichts zu.

Doch wisse du:

Bringst du mit Wahrheit nur ein Herz zur Ruh,

 

ein einzig Herz, das, dürstend aufgetan,

aus deinen Händen nimmt den Becher an,

Genesung trinkend von der Erde Wahn,

dann, Wahrheitskünder, ist dein Werk getan.

 

 

 

 

aus: Die Ephides-Gedichte, Adyar-Verlag, Graz, 1978