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Multiresistente Keime: Die Natur springt ein

 

 

Die Natur hat uns ein körpereigenes Abwehrsystem – das Immunsystem – mitgegeben, das dau­ernd mit einer Reihe ganz unterschiedlicher Bakterien in Kontakt kommt und sich mit ihnen aus­einandersetzen muß. Dieser Schutzmechanismus, den unser Körper entwickelt, behauptet sich in der Regel erfolgreich gegen die Bakterien, die nicht erwünscht sind und uns schaden können. Das ge­lingt aber nicht immer. Es hängt dann von der Art des Erregers und von dem Zustand unseres Im­munsystems ab, in welcher Form sich Krankheitssymptome zeigen können. Mit der Entdeckung des Penicillins Anfang des 20. Jahrhunderts wurde bei der Bekämpfung gesundheitsgefährdender Bakterien ein großer Schritt nach vorn gemacht. Doch es sieht so aus, als gerieten alle Maßnah­men der Schulmedizin bei diesem Kampf langsam aber sicher in die Defensive. Der Grund:

 

Neben schweren Infektionen“, heißt es in „natur & heilen“ *), „die früher als unheilbar galten, werden heute bereits bei leichten Erkältungskrankheiten vom Hausarzt viel zu häufig und unsachgemäß Antibiotika verschrieben – mit schwerwiegenden Folgen: Die Erregerstämme werden zunehmend unempfindlicher und anpassungsfähiger gegenüber den bekannten Antibiotika-Klassen, so daß sich nun die ,aggressivsten‘ Vertreter ihrer Art mit der besten Überlebensstrategie durchsetzen und vermehren.“ Die Widerstandsfähigkeit von Keimen, wie Bakterien und Viren, ist kolossal gewachsen. Sie werden deshalb als multiresistente Erreger, kurz MRE-Keime, bezeichnet. Gegen sie ist ein großer Teil der Antibiotika nur noch eingeschränkt oder gar nicht mehr wirksam.

natur & heilen“ befaßt sich in seiner aktuellen Ausgabe mit diesem Thema und richtet den Blick auf ätherische Öle anstatt auf Antibiotika: „Das Wirkungsprinzip der ätherischen Öle liegt in der Natur der Sache – da Pflanzen nicht vor Fressfeinden und anderen Eindringlingen flüchten können, sind sie mit anderen Abwehrmöglichkeiten ausgestattet: Sie enthalten Gift- und Bitterstoffe. Zugleich haben auch die ätherischen Öle eine Abwehrfunktion gegenüber Parasiten, Bakterien und Pilzen aller Art.“ Sie sind komplexe Gemische, die eine Vielzahl an Inhalts- und Wirkstoffen aufweisen.

Dank dieser ,Vielstoffgemische‘ treten so gut wie keine Resistenzen auf, da jedes Öl mehrere antiseptische Verbindungen bereithält, was für angreifende Erreger eine größere Herausforderung darstellt als die Monosubstanz eines Antibiotikums“, ist dort zu lesen. Zahlreiche Studien bestätigen die Wirksamkeit bei multiresistenten Keimen.

Zu den bekanntesten der krankmachenden Keime gehört der MRSA (multi-resistenter Staphylococcus aureus), der besonders bei immungeschwächten Personen lebensbedrohliche Entzündungen hervorrufen kann. Das Münchner Klinikum Neuperlach hat bereits erfolgreich mit ätherischen Lösungen bei MRSA-Infektionen gearbeitet. Zur Anwendung kamen besonders das Thymianöl, aber auch Teebaum-, Niaouli-, Rosenholz-, Bergbohnenkraut-, Oregano-, Manuka- und Zimtrindeöl.

Zehn Öle werden aufgeführt, von denen uns die meisten gar nicht so fremd sind.

 

 

Thymianöl

 

Das Thymianöl gehört zu den wichtigsten Ölen der Aromatherapie. Es verfügt durch die enthaltenen Naturstoffe Thymol und Carvacrol über ein breites Spektrum bakterizider Wirkungen und wurde bereits erfolgreich gegen MRSA eingesetzt. „Es findet Anwendung besonders im Bereich der Bronchien und der Lunge, bei Blasenentzündungen und Trichomonadeninfektionen (Parasiteninfektionen der Harnblase) … Neben der keimtötenden Wirkung hat Thymianöl aber auch eine stark durchblutungsfördernde und schmerzlindernde Komponente. Diese Eigenschaften können bei Muskelverspannungen, Muskelkrämpfen bis hin zu (rheumatoider) Arthritis, Arthrosen und Gelenkschmerzen eingesetzt werden.

 

 

Oreganoöl

 

Die Wirkung des Oreganos ist aufgrund der sehr hohen Carvacrol-Gehalts der des Thymians und des Bohnenkrauts sehr ähnlich, nimmt aber eine herausragende Führungsposition aufgrund seines vielfältigen Wirkspektrums ein. Der stark desinfizierende Effekt des Oreganoöls erstreckt sich sowohl auf antibakterielle, antivirale, fungizide als auch antiparasitäre Eigenschaften; außerdem hilft es bei Herpesviren, wie dem Lippenherpes.“ Es hilft bei Bronchitis und Keuchhusten und löst den Schleim bei Atemwegserkrankungen. Die Verdauung wird unterstützt, indem es krampflösend auf den Magen-Darm-Bereich einwirkt, es wirkt appetitanregend und ist auch bei Blähungen und Magenverstimmungen zu empfehlen.

 

 

Rosmarinöl

 

Der marokkanische Rosmarin gilt als stark durchblutungsfördernd und eignet sich deshalb gut zum Einreiben bei Muskel- und Gelenkschmerzen, rheumatischen Beschwerden, Neuralgien und Muskelkater.“ Das Öl kann aber noch mehr: Es unterstützt die Behandlung von Pilzinfektionen, hilft auch bei Blasenentzündung, und ein Tee wirkt antientzündlich und harntreibend, was das Ausspülen der Keime aus der Blase unterstützt. Durch den krampflösenden Effekt des Rosmarins wird zudem die Blasenmuskulatur entspannt.

 

 

Salbeiöl

 

Das Salbeiöl eignet sich in seinem breiten Wirkspektrum hervorragend bei allen bakteriellen und viralen grippalen Erkrankungen des HNO-Bereiches, wie Nasennebenhöhlenentzündung, Halsschmerzen, Mandelentzündung bis hin zu Bronchitis und Lungenentzündungen.“ (Entsprechende Erfahrungen haben sicher schon viele gemacht, die bei einer Halsentzündung mit Salbeitee gegurgelt haben.) „Seine stark entzündungshemmenden Eigenschaften machen einer Vielzahl von Bakterien den Garaus … es hilft zudem bei Zahnfleischentzündungen, Dermatitis (Hautentzündungen) und antiviral bei Darmbeschwerden.

 

 

Teebaum- und Manukaöl

 

Beide Öle werden aus einem Myrtengewächs gewonnen. Mit ca. 150 Bestandteilen enthält aber das Manukaöl wesentlich mehr Inhaltsstoffe als das bei uns mehr bekannte Teebaumöl. „Beide Öle zeichnen sich durch eine sehr starke Wirkung gegen Keime (auch multiresistente!) aus, wobei das Manukaöl als effektiver gilt und dabei auch hautfreundlicher ist. Teebaumöl: In Studien wurde ein antiviraler Effekt gegen Herpes Typ 1 und 2 festgestellt. Und bei der Behandlung von Warzen hat sich eine Kombination aus Teebaumöl und Thymianöl bewährt.“ Geduld aufbringen! Manukaöl: Das Öl wird insbesondere zur Behandlung von Pilzerkrankungen empfohlen, aber auch bei Infektionen der Haut. „Es wird daher gerne bei Akne, Psoriasis Schuppenflechte), Ekzemen und Dekubitus (Wundliegen) eingesetzt … und ersetzt auch auf Reisen die halbe Reiseapotheke.“

 

 

Eukalyptusöl

 

In Australien zählt das Eukalyptusöl zu den wichtigsten Allheilmitteln. „Es hat antibakterielle, entzündungshemmende, schleimlösende und auswurffördernde Eigenschaften und eignet sich daher besonders gut für innere und äußere Anwendung von Erkältungskrankheiten der Atemwege, wie Nasennebenhöhlen-, Kehlkopf- und Mittelohrentzündung sowie Bronchitis und Asthma, aber auch bei Entzündungen des Magen-Darm-Traktes und der Gelenke. Besonders effektiv wirkt es bei Streptokokken, Staphylokokken und Kolibakterien sowie bei Candida-Dermatosen ...“

 

 

Zitronenöl

 

Das Zitronenöl gehört zu den besten ätherischen Ölen in der Erkältungs- und Grippezeit. Seine stark antibakteriellen und antiviralen Eigenschaften helfen nicht nur bei Infektionen der Atemwege. Zitronenöl reinigt und desinfiziert auch die Raumluft, es macht diese sozusagen ,keimfrei‘, was in Zeiten ansteckender Krankheiten genutzt werden kann. Hierzu eignen sich Duftlampen oder spezielle Vernebler für ätherische Öle.“ Eine Untersuchung des französischen Mediziners Dr. Jan Valnet hat gezeigt, wie wirksam diese natürliche Form der Raumdesinfektion ist: Vernebeltes Zitronenöl war in der Lage, Meningokokken in 15 Minuten abzutöten, Typhusbazillen in einer Stunde, Staphylokokken in zwei Stunden und Pneumokokken in drei Stunden. „Aber auch das Immunsystem profitiert direkt vom Zitronenöl, denn es wirkt stimulierend, indem es die Anzahl der weißen Blutkörperchen erhöht, die für unsere Abwehrlage zuständig sind.“

 

 

Melissenöl

 

Hier finden sich stark antivirale, entzündungshemmende, schmerzlindernde und beruhigende Eigenschaften. Besonders gute Erfolge wurden bei Herpes erzielt: Die Virusstrukturen beim Herpes Typ1 reduzierten sich auf über 98 %, beim Herpes Typ 2 auf 97 %. „Diese ausgeprägte Wirkung der Melisse richtet sich aber nicht nur gegen Herpesviren, auch bei Grippeerkrankungen wird ein antiviraler Mechanismus gegen eindringende Grippeviren beobachtet.“

 

 

Gewürznelkenöl

 

Der im Nelkenöl enthaltene Inhaltsstoff Eugenol ist verantwortlich für dessen besonders schmerzlindernde und lokal betäubende Eigenschaften, weshalb es seit jeher in der Zahnheilkunde eingesetzt wird. Bei Zahnschmerzen, Zahnfleischentzündungen und Parodontose wird das betroffene Areal direkt mit Nelkenöl eingepinselt, vorausgesetzt es besteht keine Allergie gegen Eugenol.“ Auch zur Insektenabwehr und gegen Parasiten wird das Nelkenöl wegen seiner keimtötenden Wirkung eingesetzt. Aber nicht nur Mücken mögen den Nelkenduft nicht, auch ein Befall mit Hautparasiten, wie Milben und Kopfläuse, kann behandelt werden. „Seine pilzabtötende Wirkung hilft zudem gegen Candida und kann in Ölmischungen auf das betroffene Gebiet aufgetragen werden.“

 

 

Niaouliöl

 

Niaouliöl wird u. a. in der medizinischen Kosmetik eingesetzt, weil es hautpflegend ist und hautregenerierend wirkt. Aber es kann noch viel mehr: Seine antiinfektiöse, antibakterielle, antivirale und fungizide Wirkung zeigt sich bei Herpes genitalis, Candida, Vaginitis, bei Infektionen im Mund- und Rachenraum, der Harnwege, der Lunge u. a. m.. „Außerdem kommt Niaouli zur Reinigung verschmutzter Schnitt- und Schürfwunden zum Einsatz und wirkt narbenverhindernd. Bei Abszessen und Furunkeln hat es eine ähnliche Wirkung wie Zugsalben. Die hautschützende Wirkung des Niaouliöls kommt erfolgreich bei Sonnenbrand und Strahlenschäden zum Tragen.“

 

 

Die Natur hat uns noch nie im Stich gelassen; wir höchstens sie. Mit dem, was sie uns unentgeltlich zur Verfügung stellt, dient sie dem Menschen. Wir werden (nicht nur vielleicht) eines Tages dankbar darauf zurückgreifen müssen, denn sie wird – wenn auch malträtiert und ausgebeutet – mit Sicherheit länger durchhalten als die Pharmaindustrie. Die Anfänge eines Umdenkens, vermutlich auch bedingt durch die Multiresistenz einer immer größeren Anzahl von Keimen, sind hier und da schon sichtbar. „Bleibt nur zu hoffen“, heißt es am Ende des Artikels von „natur & heilen“, „daß diese große Auswahl an potenten Ölen endlich vermehrt in Krankenhäusern, Pflegeheimen und der medizinischen Praxis zum Einsatz kommt!

 

PS: Soeben im Internet gefunden: Bei einer Frau in den USA wurden Bakterien nachgewiesen, die gegen 15 Antibiotika unempfindlich sind - darunter ein Reservemittel, das sonst gegen multiresistente Erreger hilft … Die Bakterien produzieren Enzyme, durch die sie gegen wichtige Antibiotika, wie zum Beispiel Cephalosporine, unempfindlich werden … Die Direktorin der Weltgesundheitsorganisation WHO, Margaret Chan, sprach im Februar von einer Krise globalen Ausmaßes.© dpa

 

 

 

*) „natur & heilen – Die Monatszeitschrift für gesundes Leben, Ausgabe Juni 6/2016“. Der Artikel enthält auch Anwendungs- und Dosierungsbeispiele, auf deren Wiedergabe wir aber verzichtet haben, weil das nicht die Intention dieser Zusammenfassung ist.