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Die Deckungsgleichheit einer großen Anzahl von Jenseits-Durchgaben ist immer wieder verblüffend, zumal dann, wenn sich diejenigen, denen es gelingt sich kundzutun, in etwa auf gleichen geistigen Ebenen befinden, und wenn ihre Absicht, bei all ihrer noch vorhandenen Unzulänglichkeit, lauter ist. Und immer wieder spürt man die Sehnsucht der jenseitigen Seelen, dem Licht näherzukommen, und oftmals bekommen sie auch einen kleinen Vorgeschmack der unendlich großen Liebe, die auf sie – auf uns alle – wartet. Eine solche Schilderung findet sich als Kapitel 4 in dem Büchlein „Im Jenseits‟. Es heißt im Vorwort:

Diese Kundgabe eines Jenseitigen an seinen Sohn entstand im Frühjahr 1921 … Der sich Kundgebende ist der verstorbene Konzertmeister Karl Engel … In dem vorliegenden Büchlein erfahren wir nun von dem abgeschiedenen Erdenbürger seine seelischen Innenerlebnisse … Es war ihm von der Gnade Gottes vergönnt, durch seinen mit der Gabe des geistigen Hellhörens begnadeten Sohn, Leopold Engel *), diese Botschaft den auf Erden weilenden Menschen mitzuteilen.‟

Nach einer Erkenntnis, die ihm dank der Hilfe seines Freundes und geistigen Führers zuteil geworden war, handelte er auch entsprechend ...

 

 

 

 

IM ANGESICHTE DES HERRN

 

Ich blieb in mei­nem Haus, richtete stets meine Gedanken mit aller Willensstärke und mit tiefer Sehnsucht auf unsern Herrn und Meister Jesus und erwartete das Kommende.

Es rührte sich lange Zeit nichts. Ich war in einem Zustande freudiger Erwartung, ohne etwas Beson­deres zu erwarten und richtete meine Gedanken konsequent auf den Herrn.

Da geschah ganz unerwartet etwas Sonderbares.

Meine wunderbare Umgebung blieb sich bisher stets gleich, eine besondere Einteilung von Tag und Nacht hatte sie nicht, konnte sie ja auch gar nicht haben, da die astronomischen Gesetze und die physi­kalischen der Erde hier nicht mehr in Betracht kamen. Ich befand mich doch nicht mehr auf einer sich drehenden Erdkugel, die infolge ihrer Umdrehung Tag und Nacht hervorruft! Auch sah ich keine Sonne am Himmel glänzen. Es war wohl stets hell, wie kurz vor aufgehender Sonne, aber eine Sonne stand nicht am Himmel. Auch das fand ich natürlich, hatte jedoch über das Warum bisher nicht tiefer nachge­dacht, bis eben das erwähnte Sonderbare eintraf. Was war nun dieses?

Ganz unerwartet sah ich zwischen zwei Bergen hindurch, die ein Tal umfaßten, das sich weithin er­streckte und wunderschön von meinem Standpunkte aus zu sehen war, ganz langsam sich den oberen Rand einer Sonne erheben, leuchten, strahlend und erwärmend, wie die Mittagssonne im Juli bei euch. Ich staunte, konnte den Glanz gar nicht ertragen und wollte das Höhersteigen erwarten; aber das ge­schah nicht. Nicht um einen Millimeter rückte sie vor, sie blieb so weit mit dem äußersten Rande über dem Horizont wie bisher.

Wie kam das? Was war das für eine Sonne, die sich mir zeigte, aber deren Glanz nichts der irdischen nachgab?

Als ich so dastand, ganz im Anschauen dieses Sonnenrandes vertieft, sah ich plötzlich, wie aus weiter Ferne eine Gestalt auftauchte und sich schnell mir näherte. Ich konnte sie nicht erkennen, denn die Strahlen der Sonne blendeten mich, so daß ich nur die Umrisse der Gestalt wie eine Silhouette erblickte. Meine Augen hingen wie gebannt an der sich nähernden Gestalt, und plötzlich wußte ich – es ist der Herr, der Sich dort dir nähert!

Mich faßte es wie mit magnetischer Gewalt, alle meine Seelenkräfte zogen sich dem Kommenden entgegen, und mit aller Eile stürzte ich dem Herrn entgegen, der mir jetzt so nahe gekommen war, daß ich Sein Antlitz erkennen konnte. Er streckte mir die Hände entgegen, und ich eilte in aller Hast auf Ihn zu, ergriff die Hände, die mir entgegengebracht wurden, und stürzte zu des Herrn Füßen anbetend nie­der. Ich kann es nicht beschreiben, was ich empfand; nur wer den Herrn wahrhaft liebt, kann es begrei­fen und nachempfinden.

Der Herr zog mich empor und sah mir in die Augen.

Oh, was für Augen, so durchdringend klar, und doch so unendlich liebevoll! So kann kein Menschen­auge blicken! Keines Menschen Auge kann so tief in das Herz schauen; nur Sein Auge hat diese unend­liche Gewalt, diese ausstrahlende Liebe und hoheitsvolle Macht!

Ich konnte kein Wort hervorbringen, sondern mußte nur immer in dieses Auge schauen, und mit die­sem Schauen kam mir die Rückerinnerung an ferne Zeiten, wurde mir klar, was ich bereits einst gewe­sen, und welches Vorleben ich bereits überstanden.

Mit unendlich gütigem Klange sagte mir der Herr:

,,Hast du es nun selbst erfahren, wie schwer es auf Erden ist, in Meinem Dienst zu leben und zu blei­ben? Ist es nun dir klar geworden, daß es auch den Geistern, die Mir dienen und stets bereit sind, Meine Worte zu erfüllen – solange sie nicht die schwere Erdenlast tragen –, unendlich schwer wird, sich durch­zuringen auf der Stätte Meiner einstigen Tätigkeit und Meines Leidens?

Siehe, du meintest einst, Ich solle dich aussenden, um nicht nur die Kindschaft zu erringen durch die Nachfolge in Meinen Spuren, sondern du wolltest auch dann auf Erden Zeugnis ablegen von Mir und Meinem Wesen! Aber ist es dir geglückt? Hat dich nicht doch die schwere Materie so gefangengenom­men, daß es dir nicht gelang, so, wie du hofftest, die Materie zu durchbrechen und das Ziel zu erreichen, das du dir stecktest? Jetzt blicke zurück in alle Zeiten, die du durchlebtest, erkenne die Kette deines Le­bens, die sich zu dem gebildet, was du geworden, und sei glücklich in der Erringung des wenigen, das du erreichtest. Ich mache dir keine Vorwürfe, daß du so ziemlich scheitertest mit deinen Plänen, denn viel kannst du noch nachholen mit Meiner Kraft, aber gib ein Beispiel allen, die da vermeinen, viel und leicht für Mich zu leisten und schließlich doch nicht erringen, was sie ohne Leibesschwere erhofften und sicher sich zu erfüllen glaubten.

Ich verlasse dich nicht mehr, denn deine Liebe und Wahrhaftigkeit zu Mir hat es zustande gebracht, daß du den Sitz Meines Geistes im Rande der geistigen Sonne schauen kannst; an dir wird es liegen, daß sie höhersteigt und ihre Strahlen dich dann ganz durchdringen. Der Anblick dieses äußersten Randes er­hebt dich schon über viele Schwierigkeiten, und an ihrem Fallen oder Steigen wirst du erkennen, ob du fortschreitest oder zurückgehst. Rufe Mich aber an in der Not, so werde Ich dich erretten, und ziehe Mich an in deiner Liebe, so wirst du Mich jederzeit sehen und sprechen, wie du Mich jetzt siehst, und wie lch jetzt zu dir rede!"

Der Herr zog mich wieder an Seine Brust, mich durchströmte ein unendlich süßes Gefühl der Gebor­genheit und Liebe, und dann drückte Er mich sanft von Sich und – war verschwunden.

Den Sonnenrand aber sah ich weiterhin glänzen, strahlen und erwärmen.

 Quelle: Lober-Verlag, Bietigheim

 

 

*) Leopold Engel ist innerhalb der Neuoffenbarungen nicht ganz unumstritten, aber er ist in diesem Fall ja auch „nur‟ der Empfänger; und das von ihm Niedergeschriebene ist so klar und aussagekräftig, wie es treffender und passender nicht sein könnte.