Emanuel Swedenborg im Jenseits
Über Franz Schumi (1848 ‒ 1915), der das Innere Wort hatte, liegen nur wenige biografische Daten vor. Er lebte in Graz, siedelte aber später nach Zürich um. Die über ihn erhaltenen „Vaterworte‟ sind in einer entschiedenen, klaren und deutlichen Sprache abgefaßt. Sie legen u. a. auch die Verhältnisse bezüglich des neuen Heidentums ‒ vor allem in der katholischen Kirche ‒ schonungslos offen. So schuf er sich nicht nur Freunde. Man vermutet, daß er (höchstwahrscheinlich) eines gewaltsamen Todes starb.
Gott offenbarte sich über Franz Schumi sowohl zu allgemeinen, religiösen Themen, zu Fragen der Bibelauslegung, der Situation der Kirchen als auch zu Menschen, deren Aufgabe und Wirken in direktem Zusammenhang mit ihrem göttlichen Auftrag standen (ein ausschließlich freiwillig übernommener Auftrag, weil es im Geistigen etwas anderes nicht gibt).
Hochinteressant sind die Aufklärungen über Emanuel Swedenborg (1688 ‒ 1772), sein Leben und seine Erkenntnisse, wie auch die Erläuterungen über seinen Werdegang im Jenseits ‒ also über das, was wir heute mit dem Begriff „Leben nach dem Tod‟ bezeichnen würden.
Das kann für uns deshalb interessant und wichtig sein, weil hier unter anderem eine zentrale Schwäche menschlicher Persönlichkeit ins Licht rückt, die nicht nur Swedenborg zu eigen war, sondern bei nahezu jedem von uns zu finden ist: der Hochmut. Der Gefahr, ihm unmerklich in die Falle zu gehen, unterliegen wir permanent, trotz aller Geistigkeit, trotz aller Erfahrungen und allen Wissens ‒ und allzuoft gerade deshalb. Eine der unabdingbaren Eigenschaft eines Gotteskindes, das in die Himmel zurückkehren will, ist jedoch die Demut.
Wir haben uns daher entschlossen, an dieser Stelle einige Auszüge aus der von Franz Schumi empfangenen Botschaft „Emanuel Swedenborg im Jenseits‟ zu bringen. Dabei bitten wir zu bedenken, daß zum einen Wortwahl und Formulierungen dem üblichen Sprachgebrauch der damaligen Zeit entsprechen, und daß zum anderen Franz Schumi (ähnlich, wie man es auch bei Jakob Lorber findet) manche Ausdrücke verwendet, (z. B. das für ihn typische „Vater Jesus‟), die nicht jedem geläufig sind. Mit einem offenen Herzen gelesen kann es aber keine Mißverständlichkeiten geben, auch dann nicht, wenn beispielsweise von Swedenborg als von einem „Liebling Gottes‟ die Rede ist. Wir alle sind Seine Lieblinge.
Swedenborgs geistige Vorgeschrittenheit
Es ist die größte Aufgabe eines echten Christen, zu erkennen, was Wahrheit und was Lüge ist. Also haben wir einen Mann vor uns, der Mein Liebling war und lange nach dem Lichte der Wahrheit strebte, bis es ihm gelang, tatsächlich dieses Licht zu erschauen. Emanuel Swedenborg war eine fromme Seele, und als solche war er stets eifrig im Gebet zu Mir, dem Vater Jesus: Ich möge ihm doch ein reines Licht in die Widersprüche der Bibel und ihre Ausdeutungen geben.
Da niemand bei Mir abgewiesen wird, der redlichen Herzens die Wahrheit sucht, also ist auch er nicht abgewiesen worden, sondern Ich Selbst ließ Mich herbei und erschien ihm eines Abends in Meiner Heilandsgestalt, damit er Mich gleich erkannt hatte. Daraufhin ließ Ich ihm durch hohe Geister aus Meinem Liebeshimmel mehrere Werke diktieren, die euch bekannt sind.
Daher will Ich Mich nicht mit irdischen Verhältnissen und Tatsachen seiner Zeit aufhalten, sondern bloß das geistige Leben beschreiben, das er durchwandert hat seit seinem Eintritt in das Geisterreich bis zu seiner Vollendung. Und zwar deshalb, weil niemand sogleich in den Himmel kommt, wenn er das Zeitliche verläßt, sondern alle Stufen des geistigen Lebens durchwandern muß, die er hier auf Erden noch nicht durchgewandert ist.
Emanuel Swedenborg starb eines ruhigen Todes, wie sein Leben ein Mir ergebenes und ruhiges war. Im Geisterreich angekommen, empfing ihn eine große Schar guter Geister, die schon lange auf ihn sehnsuchtsvoll wartete. Und daher war sein Eintritt ein freudevoller, da er mehrere Bekannte antraf, die vor ihm dahin gekommen waren, sowie viele, die sich diesem Ereignisse gerne beigesellt hatten, um über die verschiedenen Verhältnisse auf der Welt sich besprechen zu können.
Also war der Empfang ein liebe- und freudevoller und währte längere Zeit, da man sich ja gar so vieles von da und dort zu erzählen wußte und wollte, so daß sie ganz in den Lauf der Ereignisse der geistigen Sklaverei auf der Welt geraten waren. Endlich ermahnten sich die Geister, daß es nicht gut sei, so viel über weltliche Zustände zu plaudern, da die Aufgabe eines Geistes von der des Menschen auf Erden eine verschiedene, ja streng geschiedene ist, welche Ernst und Arbeit verlangt, um geistig vorwärts zu schreiten.
Da ermahnte sich auch der Swedenborg und fing an nachzudenken über seine neue Umgebung und seine eigenen Seelenzustände. Sein Eintritt geschah in das Mittelparadies, denn bis da war seine Seele schon reif, aber es hing noch immer manch Menschliches an ihm, was er hier abzulegen hatte, um in das oberste Paradies zu kommen. Daher fing er an auszufragen, ob man noch nicht im Himmel sei und Mich sehen könne. Darauf erwiderten ihm die Geister, daß dies noch kein Himmel sei, sondern Paradies oder Sommerland seliger Geister, die aber noch nie den Vater Jesus gesehen hatten, obwohl ihnen manche hohe Geister viel davon erzählt hätten.
Man wird sich wundern, daß Ich dem Swedenborg nicht erschien, als er ins Geisterreich trat, da er doch viel für Mich schrieb und erduldete. Auch wird manches der jetzigen Medien [dieser Begriff kann mißverstanden werden; es sind damit nicht diejenigen Personen gemeint, die heute das modern gewordene Channeln praktizieren und sich dabei mit niederen Geistern, sogenannten Meistern oder Verstorbenen in Verbindung setzen] sich darüber befragen, warum Ich nicht Selber mit dem Swedenborg verkehrte und ihm Selber diktierte, wie Ich es heutzutage mit Medien zu tun pflege.
Swedenborg war zwar ein hoher Geist, aber trotzdem nicht so hoch wie die heutigen Medien es sind; außerdem hatte er seine Schwächen, die er nicht mit Ernst bekämpfte, und so konnte Ich nicht mit ihm direkt verkehren, sondern überließ diese Arbeit Meinen Engeln. Was die innere Erleuchtung bei Swedenborg betrifft, so war es eine Ausnahme der Gnade, weil das eigentliche innere Wort erst im oberen Paradiese oder im unteren oder ersten Himmel gegeben wird, damit nicht niedere Geister sich eines solchen Mediums bedienen und falsche Lehren hierdurch der Welt kundgeben, weil das Mittelparadies noch kein absolut reines Licht in göttlichen Wahrheiten hat …
Die Merkmale des inneren Wortes
Auch Meine Medien unterscheiden sich stark: Je höher das Medium steht, desto reiner und entscheidender ausgedrückt sind die Diktate, weil Ich immer so die Worte geben kann, wie das Medium geistig entwickelt und vorgeschritten ist. Je ruhiger und entwickelter das Medium, desto leichter und verständlicher sind die Diktate [auch der Begriff „Diktat‟ ist hier nicht wörtlich zu nehmen, weil Diktat auf den Ausschluß des freien Willens schließen lassen könnte] seiner Medialität, weil es höher in Erkenntnis der göttlichen Wahrheit steht und weniger persönliche Mitarbeit an Ansichten leistet, daher das Diktat auch reiner und fehlerfreier an sich ist ...
Seine geistigen Freunde erzählten ihm wohl die Ordnung, wie sie im Mittelparadiese besteht, aber diese paßte ihm nicht. Er wollte Mich sehen, für den er sich ja viele Jahre geplagt hatte und manche Unannehmlichkeit von Seiten seiner Zeitgenossen hinnehmen mußte. Daher war er traurig, daß er Mich nicht sehen konnte. Eine Zeitlang beobachtete er das Leben und Treiben des Mittelparadieses, wo noch so mancher Irrtum in Begriffen und Handlungen mit unterläuft. Daher ersah er, daß da nicht alles paßte mit den Lehren, die er geschrieben hatte, und daß sie höhere und geistigere Zustände erheischten.
Darum wandte er sich bittend an Mich und bat Mich recht inbrünstig:
„O mein liebevollster Vater Jesus, ich bitte Dich recht demütig, lasse mir ein Licht aus Deiner himmlischen Gnadensphäre werden, damit ich weiß, was ich tun soll, um zu Dir, Meiner einzigen Liebe, zu kommen! Denn siehe, lieber Vater, mir ist langweilig ohne Dich, an dem Mein ganzes Denken und Sinnen hängt. Daher, o mein vielgeliebter Vater Jesus, lasse Dich doch herbei und komme zu mir und kläre mich auf, was ich doch tun soll, um ehestens zu Dir zu gelangen! Meine Seele trauert nach Dir und will zu Dir und kann nicht, weil sie die Wege nicht kennt, welche dahin führen.
Es muß sicher etwas Besonderes in mir stecken, daß ich nicht das rechte Licht habe, da ich doch selber soviel Lichtvolles für die Bekehrung der Welt schrieb. Komm, komm, lieber Vater, und lasse mich nicht in meiner traurigen Lage schmachten, sondern hilf mir, das Licht und den Weg der Wahrheit finden, denn ich will alles tun, was Du mir auftragen wirst zu tun, um nur zu Dir zu kommen. Ich weiß um meine Schwächen und Fehler, daher weiß ich auch, daß in mir die Kraft ist, durch die Liebe, die ich zu Dir habe, dieselben auszumerzen und ganz nach Deinen Lehren zu leben. Daher rufe ich Dir, Du ewige Liebe und Erbarmung, zu: Lasse Dich herbei, und nimm mich auf in Deine Liebe und Gnade. Amen.‟
Swedenborg aus dem oberen Paradiese in die zweite Hölle versetzt
Als er dieses inbrünstige Gebet beendet hatte, befand er sich plötzlich in einer anderen herrlichen Gegend, wo alles viel edler und hochgeistiger war und freundliche Geister lustwandelnd ihn herzlich willkommen begrüßten. Erstaunt blickte er herum, daß seine frühere Gegend sich so plötzlich verändert hatte und seine früheren Freunde und Bekannten verschwunden waren.
Doch war ihm das ein gutes Zeichen, daß sein Gebet doch in einer Weise erhört wurde, welches das Beste zu erhoffen versprach, und er dachte, es wird wohl noch der liebe Heiland kommen und meinen Sehnsuchtswunsch erfüllen ...
Nach längerem Warten wandte er sich an eine Gruppe fröhlich dahin wandelnder Menschen, fragte sie, wo er sich eigentlich befände und erzählte ihnen, wer er im Leben war, was er geschrieben hatte, und daß er im Gebet darum gebeten habe, doch den Herrn persönlich treffen zu können. Man hörte ihm aufmerksam zu und machte ihm Mut, daß es schon so kommen werde.
… Plötzlich sah er einen Menschen den Bach aufwärts gegen ihn zugehen, der einen schweren Baumstamm auf seiner Schulter trug. Als der fremde Mensch näher kam, sah Swedenborg, daß er ganz in Schweiß gebadet war wegen der Schwere des Baumstammes, den er trug. Als dieser ganz in seine Nähe kam, bat er ihn, ob er ihm nicht helfen möchte, den schweren Baumstamm zu tragen, da er ihn schon lange und von weit her trug. Swedenborg schaute den Träger, den Baumstamm und seine eigenen, feinen schwarzen Kleider an und wußte nicht, was er ihm antworten solle, da er sich die Kleider zu beschmutzen und zu zerreißen fürchtete.
Da schaute ihn der Träger traurig an und sagte:
„Lieber Bruder, hast du mehr Liebe zu deinem Salonanzug als zu mir, der ich müde und nahe ermattet bin und doch fort muß, wohin mir beschieden ist, den schweren Baumstamm zu tragen?‟
Da erbarmte sich Swedenborg und sagte:
„Weißt du was, ich will dir helfen, aber lasse mich meinen schwarzen Salonrock ausziehen, damit er nicht beschmutzt oder zerrissen, wird.‟
Da erwiderte ihm der Träger:
„Was nützt dir da dein Salonrock in dieser Wüste ohne Leben und Freude? Mag der Rock zerrissen oder ganz sein, wer schaut dich an, wo wir zwei allein in dieser traurigen Landschaft sind? Überlege nicht viel, sondern nimm die Hälfte der Last auf deine Schulter, indem du mir hilfst, sie dort hinaufzutragen, um einen Steg über den tiefen Bach zu machen, damit wir hinüberkommen und uns dort auf der anderen Seite umschauen, ob da nicht eine schönere Gegend sich vorfindet, wo wir zufriedener mit unserem Los werden.‟
Auf diese Zurede wollte Swedenborg zugreifen und den schweren Baumstamm tragen helfen, aber sein Salonanzug stand ihm im Wege, und er zauderte, den schmutzigen und knorrigen Baumstamm auf seine Schultern zu nehmen.
Plötzlich wurde es finster um ihn herum, und eine unheimliche Gesellschaft umgab ihn, während der Träger und der Baumstamm verschwunden waren. Wohl trug er noch den schwarzen Salonanzug, aber was bedeutete dieser in dieser gemeinen und garstigen Gesellschaft, die sich recht gemein betrug und unschöne Reden unter sich führte wie in einer gemeinen Schnapsbude? Wie vom Blitzstrahl getroffen stand Swedenborg da und konnte sich die seltsame Veränderung der schönen in immer traurigere Gegenden nicht enträtseln. Besonders ekelhaft kam ihm das Reden seiner neuen Gesellschaft vor, welche ihm recht höllisch erschien. Hier stand er traurig und beschaute beim Abenddämmerungslichte seine Umgebung, die kahl, unfruchtbar, garstig, ja unheimlich, wie ihre Bewohner war.
Versündigung gegen das Gebot der Nächstenliebe
Einige der neuen Gäste traten zu ihm und musterten ihn von oben nach unten und fragten ihn:
„Wer bist du denn und woher kommst du, daß du dich zu uns in die Hölle unter die Teufel verirrt hast? Denn du scheinst ein besserer Mensch gewesen zu sein, das besagt uns dein schöner Anzug unzweideutig. Was hast du denn angestellt, daß dich das böse Schicksal in die Hölle verstoßen hat? Wahrscheinlich warst du lieblos wie wir, und daher traf dich dasselbe Los wie uns. die wir schon auf Erden Teufel unter Menschen waren und kamen daher gleich nach dem Tode mit unseren schmutzigen und zerrissenen Kleidern hierher. Du aber scheinst dich erst hier versündigt zu haben, weil dein Anzug einen besseren Menschen zeigt als wir es sind. Sage uns, was hast du angestellt, daß du mit einem himmlischen Anzug in die Hölle kamst?!‟
Wie ein Donnerstrahl durchdrang dieses Gerede seiner neuen Umgebung sein trauriges Herz, und er dachte bei sich selbst:
Also diese erkennen an meinem Anzug, daß ich mich hier durch Lieblosigkeit versündigt habe und daher in die Hölle kam. Und ich, ein Werkzeug des Herrn, der soviel Schönes schrieb, wußte das nicht, was Höllengeister sogleich an mir erkannten! O wehe mir, jetzt weiß ich, wie und warum ich mich versündigt habe ...
Tiefgebeugt und in Trauer versunken stand er da und schwieg auf alles, was er hörte, denn er fühlte, daß dieser Zustand seiner begangenen Lieblosigkeit entsprach, und daher auch die Verhöhnung und Geringschätzung eine verdiente war. Ohne etwas zu erwidern, wandte er sich ab von der Gesellschaft und ging weg von ihr an einen einsamen Ort, wo er allein sein konnte ...
Jetzt hätte er wohl mögen den schweren Baumstamm tragen, aber wo ist diese Gegend, wo der Träger hin verschwunden, damit er ihm helfen könnte? … Plötzlich kam ihm ein lichter Gedanke, der ihn aus seiner Gedankenvertiefung herausriß.
Wie wäre es, wenn ich wieder einen Fußfall der Reue und Bitte um Vergebung meiner Sünde des Mangels an brüderlicher Nächstenliebe machen möchte!?
Diesen Gedanken hielt er nun fest und dachte nach, wie er es nun recht anstellen könnte, um zum Ziele seines Wunsches zu gelangen. Aber je mehr er darüber nachdachte, desto schwieriger erschien ihm die Demütigung, der er sich unterziehen wollte, um wieder in Gnade bei seinem lieben Heiland Jesus zu kommen. Denn er wußte nun, daß die Proben, die von jetzt ab an ihn herantreten würden, größer und schwieriger sich gestalten dürften, und das verlangte Überlegung und Prüfung der Geisteskraft, die dazu nötig wird, um jede unangenehme Zumutung mit Ruhe und Liebe entgegenzunehmen.
Die dunklen Gestalten waren plötzlich wieder da, folgten ihm, als er sich entfernen wollte, ließen sich nicht abweisen, sondern bedrängten ihn, er solle mit ihnen gehen.
… Ganz in Angst geraten vor den zudringlichen Gesellen schrie er förmlich auf im Herzen nach Mir, Ich solle ihn erretten aus dieser Höllengesellschaft, die ihn verfolgte. Plötzlich stand er allein an einem einsamen Wege ohne Menschen, noch Bäume, noch sonst etwas zu sehen. Es war ein förmlicher Wüstenweg. Hier nahm er sich zusammen und machte ein Gelübde, er wolle alles tun, was Ich nur wolle, nur solle Ich ihn wieder in Gnade aufnehmen und ihm Meinen Wunsch auftragen, den er nach Möglichkeit erfüllen würde, und bat zerknirschten Herzens um die Vergebung seiner Sünde der Lieblosigkeit.
Ich ließ ihn da eine längere Zeit allein stehen und sich beraten, wohin er denn seine Schritte lenken soll, um aus dieser Wüste zu gelangen. Aber es ließ sich nichts erraten. Er sah wenig, weil er noch immer in der Höllenfinsternis zweiten Grades war und nirgends ein Leben bemerkte. Als er schon ziemlich lange da hin und her sann, was er tun oder anfangen solle, sah er in der Entfernung etwas Dunkles sich bewegen, welches sich bald als eine menschliche Gestalt erwies, aber welche!?
Ein ganz zerlumpter Mensch, der die Blößen seines Leibes nicht bedecken konnte, so daß er wie ein Wilder, mehr nackt als angezogen vor dem Swedenborg stand. Entsetzt wich Swedenborg einige Schritte vor ihm zurück und wollte ihm ausweichen. Allein der Halbnackte ging ihm nach und bat ihn um Nahrung, und da er so schön angezogen sei, möchte er ihm doch soviel von seinem Anzug geben, damit er die Blöße seines Unterleibes bedecken könnte.
Der Arme und Unvermögende wirkt Barmherzigkeit durch seinen guten Willen
Hier wird Swedenborg inne, daß er einen Bedürftigen vor sich hat, den er nicht so lieblos wie den ersten behandeln darf, daher blieb er stehen und sagte:
„Lieber Bruder, zu essen kann ich dir nichts geben, denn ich bin schon selber hungrig und habe nichts in den Mund zu nehmen, aber deine Blöße könnte ich doch bedecken. Nimm da meinen langen Rock, zieh ihn an und gehe mit mir! Vielleicht finden wir irgendwo etwas zu essen und Menschen.‟
Die beiden machten sich auf den Weg. Sie fanden schließlich ein Haus, in dem zwei Menschen ‒ Mann und Frau ‒ wohnten, die ihre Bitte um Nahrung und Unterkunft ablehnten. Auch bei anderen Häusern erging es ihnen nicht besser. Schließlich sagte sein Begleiter zu ihm:
„Freund, hier in der Hölle bemühst du dich umsonst, nach Mildtätigkeit und Brot zu suchen; denn hier hausen Teufel und nicht Menschen, und diese kennen keine Liebe und Barmherzigkeit. Sage du mir doch, wie kamst du zu einem so feinen Anzug? Dieser zeigt, daß du kein Höllenbewohner bist, sondern es scheint, daß du bloß zufällig in sie geraten bist. Hast du dich verirrt oder suchst du andere Ziele hier unter den Teufeln?‟
Bei diesen Worten erwachte Swedenborg in seinem Inneren und sagte:
„Ja, Freund, ich habe mich verirrt durch eine Lieblosigkeit, die ich begangen habe, als es mir gut ging im Paradiese. Diese ist schuld, daß ich im Salonanzuge in der Hölle bin, deshalb gab ich dir gerne den Rock, denn dieser ist daran schuld, daß ich hier bin, weil ich aus Furcht, den Rock zu beschmutzen oder zu zerreißen, einem Armen nicht helfen wollte, einen schweren Baumstamm zu tragen.‟
„Ah so, lieber Freund, mit der Lieblosigkeit hast du dich in die Hölle hineingearbeitet, nun hast du aber schon wieder eine Wohltat an mir gewirkt, und so dürfte deine Schuld doch einigermaßen ausgeglichen sein, denn du batest ja auch um Nahrung für mich, und das ist wieder Mitleid: Gutes tun zu wollen, aber nicht zu können. Weißt du nicht, daß bei Gott ein guter Wille, den man aus Liebe zum Nächsten in Bewegung setzt, soviel gilt wie eine vollbrachte Tat, wenn man sie aus eigenem Unvermögen nicht ins Werk setzen kann!?‟
„Ja, das weiß ich, Bruder, aber was nützt mir das hier in der Hölle? Ich kann mir doch nicht helfen, denn ich bin zu tief gefallen und weiß nicht, wie ich es anstellen soll, um das verschuldete Unrecht zu tilgen und in bessere Zustände zu kommen, um dann an mir weiter arbeiten zu können.‟
Da erhob sich sein Begleiter und sagte:
„Freund, weißt du nicht, daß das Gebet eines Gerechten viel vermag!? Hast du etwa vergessen zu beten und dich zu demütigen vor deinem Gott und Vater?‟
Beschämt stand Swedenborg vor seinem Begleiter, der ihm die Wahrheit so derb ins Gesicht sagte, daß er sich eines zweiten Vergehens schuldig fühlte, nicht demütig um Verzeihung gebeten zu haben und dadurch um [die] Wiederaufnahme zum Vater Jesus gekommen zu sein. Daher erwiderte er dem Freund der Wahrheit:
„Bruder, du hast recht, ich vergaß die Hauptsache, mich zu demütigen und um Vergebung meiner Sünden zu bitten. Nun will ich das unverzüglich tun ...‟
So tat er es schließlich ‒ nachdem er sich zurückgezogen hatte ‒ mit der Folge, daß plötzlich sein Begleiter wieder vor ihm stand und ihm sagte, daß er eine schöne Landschaft und gute Menschen gefunden hätte, die sie freundlich aufnehmen würden. Da hörte Swedenborg schon eine ihm bekannte Stimme:
„Bruder Swedenborg, bist du wieder da! Wo warst du die ganze Zeit, wir dachten, du bist auf Erkundung unserer Landschaft ausgegangen, da du plötzlich von uns verschwunden bist. Nun bist du wieder bei uns, und das freut mich, ich will dich gleich anmelden, daß du zurück gekommen bist und einen Freund mitgebracht hast.‟
Swedenborg berichtete, wie es ihm ergangen war, und daß ihm sein neuer Begleiter und Bruder aus der Hölle herausgeholfen hatte. Dann wurden beide neu eingekleidet und bekamen zu essen und zu trinken. Da machte Swedenborgs Begleiter, der „neue Bruder‟, den Vorschlag ...
„Liebe Brüder und Freunde, ich kenne viele schöne und schlechte Gegenden in eurem Umkreise, und es wäre angezeigt, den armen Bewohnern mancher Gegend beizuspringen und sie zu bewirten und ihnen Gutes zu tun von eurem Überfluß. Denn nur durch die Werke der Nächstenliebe könnet ihr höher im Geistigen steigen. Wenn ihr dies schnell zu erreichen wünschet, so bin ich gern bereit, euch in solche Gegenden zu führen, wo arme Menschen wohnen, die sehr hilfebedürftig sind.
Aber erwartet nicht Dankbarkeit von ihnen, wenn sie das Gute nicht anerkennen, sondern wirket Gutes um des Guten willen, aus Liebe zu Gott, eurem Vater in Jesus. Es ist euer Vorteil, wenn ihr mir folget, denn ich weiß recht gut, daß Gott Wohltaten immer gut belohnt, also hat es ja der liebe Bruder Swedenborg lebendig an sich erfahren, wie man durch Werke der Nächstenliebe und Demut aus der Hölle in das Paradies kommt, und so könnet auch ihr euer Glück probieren. Schaden kann es euch nie, sondern nur nützen, wenn ihr aus Liebe zu Gott Werke der Nächstenliebe ausüben wollet.‟
So wurde es beschlossen und durchgeführt, nachdem sie sich für die Reise gerüstet und viele Lebensmittel eingepackt hatten. Sie zogen los und passierten schon bald Landschaften, die sehr düster waren. Finstere Gestalten tauchten auf und schrien sie höhnisch an. Die Swedenborg-Gesellschaft ließ sich nicht beirren und bot die mitgebrachte Nahrung an. Doch der beabsichtigte Liebesdienst wurde nicht erkannt und auch nicht angenommen, sondern im Gegenteil mit Aggressivität beantwortet.
Immer wieder aufs Neue veranstaltete die Gruppe Reisen in die Umgebung, um Armen und Bedürftigen zu helfen. Dabei wurde Swedenborg jeweils aufgefordert, zu den Menschen über die Nächstenliebe zu sprechen, „wie man lieben und leben muß, um das höchste Ziel des Lebens, zu Gott zu kommen, zu erreichen.‟
Der rätselhafte neue Bruder namens „Liebe‟
Bei einer ihrer Reisen wurden sie von bösen Geistern bedrängt, die sie gefangennehmen wollten. Der neue Bruder, dem man inzwischen in Ermangelung seines richtigen Namens den Namen „Bruder Liebe‟ gegeben hatte, forderte Swedenborg auf, den Geistern zuerst geistige und dann materielle Nahrung zu geben. Diese waren aufgrund der Rede Swedenborgs so beeindruckt, daß sie gerne auch die materielle Nahrung annahmen, die sich um ein Vielfaches vermehrte ‒ so daß sie für alle reichte ‒, nachdem Bruder Liebe sie gesegnet hatte.
Darauf wandte sich der neue Bruder zu den bösen Geistern und fragte sie:
„Liebe Brüder, wäre denn euch nicht lieber, bei uns zu bleiben und nach Gottes Geboten zu leben, damit auch ihr glücklich würdet und es euch an nichts fehlen möchte?‟ ...
Die Geister berieten sieh nun, was zu tun sei, und kamen endlich überein, daß es doch am besten sei, sich in die neuen Zustände zu begeben, da es doch viel besser und schöner sei, wie es bisher war. Und so trat eine sehr große Menge Höllengeister zu der Gesellschaft über und wurde sogleich in den wichtigsten Verhaltensregeln unterrichtet …
Wieder trat Bruder Liebe unter sie und sprach:
„Alles Lob, aller Dank, alle Ehre und alle Liebe sei von uns allen dem guten himmlischen Vater dargebracht, daß Er uns so gütig mit allem versorgt und ausgestattet hat; daher wollen wir nun Ihm dienen und Seinen Kindern Gutes tun, da Er, wie ihr alle augenscheinlich vor euch habet, daran die größte Freude hat, wenn Seine Kinder Ihn lieben und aus dieser Liebe ihre Brüder und Schwestern lieben und ihnen Wohltaten erweisen.‟
Von allen Seiten hörte man bejahende und zustimmende Laute, und also ward durch diesen guten Fischzug die ganze Gesellschaft bedeutend größer, denn die Zahl der neuen Freunde betrug viele tausend Köpfe, die durch diese Belohnung des guten Willens ganz Herz und Kopf für die neue Ordnung des Lebens geworden waren.
Swedenborg erkennt in „Bruder Liebe‟ den Vater Jesus
Bei einer weiteren Reise, nachdem Bruder Liebe wiederholt Wunder gewirkt und den Anwesenden die unendliche Liebe Gottes nahegebracht hatte, trat Swedenborg an ihn heran und sagte:
„Lieber Bruder, ich habe etwas auf dem Herzen, was ich allein mit dir besprechen möchte, wärest du nicht geneigt, mit mir allein und abseits zu sprechen?‟
„O ja, ich will schon, denn ich diene gern jedem nach seinem Wunsche, also auch dir. Und so wollen wir allein lustwandeln gehen und miteinander sprechen.‟
Darauf entfernten sich beide von der Gesellschaft und gingen allein. Als sie soweit waren, daß sie frei reden konnten, sagte Swedenborg:
„Lieber Bruder! Du bist kein gewöhnlicher Bruder unter uns, sondern, wie ich fest glaube, der Vater Jesus selber. Das hat mir der Segen und die Vermehrung der Speisen gezeigt, wie auf dem Berge von Kapernaum, denn dein bloßes Sagen ,Bruder Mohammed, komm herab’, und er folgte blitzschnell deinem Befehle, [Swedenborg erwähnt hier eine Begebenheit, auf deren Schilderung aber verzichtet wird, weil sie keinen direkten Bezug darstellt zur Swedenborgs Selbsterkenntnis und seiner seelischen Reifung] und endlich diese Engel und ihre tiefste Verbeugung und dein Befehlen mit ihnen, wie ein Herr mit seinen untergebenen Dienern, das bezeugt mir, daß du über Mohammed und über den Engeln stehend der Herr Selber bist, und endlich, je mehr ich dich anschaue, desto größer wird meine Liebe zu dir, so daß ich beinahe für alles keine Augen habe, wie ein Verliebter, und nur dich schaue.
Lieber Bruder, sage mir aufrichtig, ob mein Urteil richtig ist oder nicht.‟
Und Ich als Bruder Liebe sagte ihm:
„Ja, lieber Bruder, es kann schon richtig sein, aber verrate Mich nicht, damit kein Mußgericht über die Gesellschaft komme, sondern jeder frei lebe und handle wie er will. Du aber betrage dich gegen Mich wie bisher, und lasse dir nichts anmerken, daß Ich dir ein anderer geworden bin, sondern Ich bleibe dir dein Bruder Liebe wie bisher. Und so wird kein Aufsehen erregt werden.‟
Voller Liebe drückte Swedenborg Meine Hand an seinen Mund und küßte sie, Mich in Tränen gebadet, lieb anschauend und sprechend:
„Ach Vater! Wie unendlich glücklich bin ich, dich, meine Liebe und mein alles, endlich zu sehen! Lieber, guter Vater, lasse dich doch küssen, da meine Liebe so groß ist, daß ich mich nicht mäßigen kann.‟
Und als er dies aussprach, umarmte er Mich und küßte Mich wiederholt ab, so daß ich ihn erinnern mußte, daß er sich mäßigen sollte, sonst könnten die anderen darauf aufmerksam und neugierig werden, was zwischen uns zwei so liebevolles bestehen möge. Also erwachte er schnell und bat Mich um Verzeihung, seiner ungestümen Liebe wegen. Ich aber sagte ihm:
„Siehst du, hättest du Mir geholfen, den schweren Baumstamm zu tragen, so wäre es nicht nötig gewesen, der zweiten Hölle einen unliebsamen Besuch abzustatten, sondern wir wären dann schon früher zusammengekommen.‟
Diese Offenbarung machte ihn traurig, und er bat Mich tiefgerührt um Vergebung wegen seiner Lieblosigkeit, die Ich ihm schon längst im geheimen erteilt hatte.
Die von Franz Schumi empfangenen Botschaften ‒ Emanuel Swedenborgs betreffend ‒ umfassen noch weitere Begebenheiten, auf die wir aber aus schon genannten Gründen nicht näher eingehen. Wer sich jedoch dafür interessiert, kann sich im Internet kundig machen, indem er z.B. „Emanuel Swedenborg im Jenseits‟ oder „Franz Schumi‟ in eine Suchmaschine eingibt und dann die entsprechenden Seiten aufsucht.